Fahrten zur ersten Betriebsstätte: Pauschale Regelung oder Fahrtenbuch?
Gewinnermittlung
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen, versteuert er den geldwerten Vorteil für Privatfahrten regelmäßig nach der 1%-Methode. Als Ausgleich für die nicht abziehbaren Kosten bei Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte erfasst er bei seinem Arbeitnehmer als Arbeitslohn entweder
- pauschal 0,03% vom Bruttolistenpreis des Fahrzeugs je Entfernungskilometer pro Monat (die 0,03%-Reglung geht von 15 Fahrten pro Monat aus) oder
- pauschal 0,002% vom Bruttolistenpreis des Fahrzeugs je Entfernungskilometer für jede Fahrt zum Betrieb (maximal 1 x pro Tag).
Wenn aber der Unternehmer die Privatfahrten mit seinem Firmen-PKW pauschal mithilfe der 1%-Regelung ermittelt, muss er die nicht abziehbaren Kosten für Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte ebenfalls pauschal ermitteln. Der Betrag wird pauschal mit 0,03% des inländischen Bruttolistenpreises je Kalendermonat berechnet. Anders als bei Arbeitnehmern lässt der BFH die pauschale Ermittlung mit 0,002% vom Bruttolistenpreis des Fahrzeugs je Entfernungskilometer für jede Fahrt zur ersten Betriebsstätte (maximal 1 x pro Tag) nicht zu.
Praxis-Beispiel:
Eine Steuerberaterin war u.a. als freie Mitarbeiterin in den Kanzleiräumen eines Kollegen tätig. Sie unternahm im Jahr 85 Fahrten zwischen ihrer Wohnung und der Kanzlei des Kollegen. Die einfache Entfernung bis dorthin betrug 30 km. In ihrer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte sie den Entnahmewert für private Fahrten nach der 1%-Methode und erfasste diesen Betrag als Betriebseinnahme.
Die abzugsfähigen Betriebsausgaben für die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte ermittelte die Steuerberaterin nicht mit dem gesetzlichen Faktor von 0,03% des Listenpreises von 36.000 € und der einfachen Wegstrecke zur ersten Betriebsstätte. Stattdessen setzte sie den Betrag mit dem Faktor 0,002% vom Listenpreis des Fahrzeugs von 36.000 € an, den sie mit der Zahl der gefahrenen Tage und den Entfernungskilometern multiplizierte. Davon ist die Entfernungspauschale in Höhe von (85 Tage x 30 km x 0, 30 € =) abzuziehen. Der Unterschied den beiden Berechnungsmethoden sieht wie folgt aus:
0,03% x 36.000 € = 10,80 € x 30 km x 12 Monate = 3.888 € - 765 € = 3.123 €
0,002% x 36.000 € = 0,72 € x 30 km x 85 Tage = 1.836 € - 765 € = 1.071 €
Nachteil beim Betriebsausgabenabzug 2.052 €
Der BFH hat die Anwendung der 0,002% Regelung für Unternehmer und Freiberufler für unzulässig erklärt. Laut BFH ist die Gleichbehandlung eines Einnahmen-Überschuss-Rechners (Gewinnermittlers) und eines Arbeitnehmers, der an weniger als 15 Tagen des Monats die feste Arbeits- oder Betriebsstätte aufsuche, insoweit nicht geboten. Der Unternehmer hat jedoch die Möglichkeit, den Entnahmewert für die private Nutzung des Kfz nach der Fahrtenbuchmethode zu ermitteln. Dann treten an die Stelle des 0,03%-Werts die tatsächlichen Aufwendungen, die auf Fahrten zwischen Wohnung und erster Betriebsstätte entfallen.
Der BFH verkennt nicht, dass es sich bei den Regelungen für Arbeitnehmer und Unternehmer im Kern um vergleichbare Werbungskosten- und Betriebsausgabenabzugsverbote handelt. Die Situation für den Unternehmer ist jedoch insofern anders, weil er den Ansatz unzutreffender Werte durch das Führen eines Fahrtenbuchs vermeiden kann. Der BFH hält es weder für unverhältnismäßig noch für unzumutbar, von Unternehmern bzw. Freiberuflern, die ohnehin Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten erfüllen müssen, die Führung eines Fahrtenbuches zu verlangen, um die Nachteile der pauschalen Betriebsausgabenkürzung in Höhe von 0,03% des Listenpreises pro Monat und Entfernungskilometer zu vermeiden.