Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten
Gewinnermittlung
Eine Rückstellung wegen ungewisser Verbindlichkeiten kann nach der BFH-Rechtsprechung gebildet werden, wenn dem Unternehmer und/oder seinen Auftraggebern am Bilanzstichtag die Mangelhaftigkeit bekannt war. Wenn also ein Werkmangel bis zum Bilanzstichtag durch den Besteller noch nicht gerügt wurde und der (objektiv angelegte) Mangel bis dahin noch keine erkennbare betriebsbeeinträchtigende Wirkung entfaltete, darf eine Rückstellung nicht gebildet werden. Haben die Vertragsbeteiligten noch keine Kenntnis vom Mangel, liegt es nahe, dass der Werkunternehmer am Bilanzstichtag noch nicht ernsthaft damit rechnen musste, auf Gewährleistung in Anspruch genommen zur werden.
Praxis-Beispiel:
Ein Unternehmer erzielte aus seinem Einzelunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Der Unternehmer bildete in seiner Handels- und Steuerbilanz neben einer umsatzorientierten Pauschalrückstellung zusätzlich eine Einzelrückstellung für Gewährleistungsverpflichtungen in Höhe von 84.160,59 €. Anlass hierfür war, dass der Unternehmer bei einzelnen bis zum 31.12. erbrachten Werklieferungen (Herstellung und Montage von Planen für Biogasanlagen) nach Mängelanzeigen der Auftraggeber im Mai/Juni des Folgejahres zeitnah Nacherfüllungsarbeiten mit entsprechendem Aufwand durchgeführt hatte. Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt die Einzelrückstellung nicht an und erhöhte dementsprechend den Gewinn und Gewerbeertrag. Zur Begründung führte es an, der Kläger habe am Bilanzstichtag 31.12. noch nicht ernsthaft mit einer Inanspruchnahme auf Nacherfüllung rechnen müssen.
Eine Rückstellungsbildung ist ausgeschlossen, da weder dem Unternehmer noch seinen Auftraggebern am 31.12. die Mangelhaftigkeit bekannt und demzufolge eine Gewährleistungsinanspruchnahme seinerzeit noch nicht überwiegend wahrscheinlich gewesen sei. Der bis zur Bilanzaufstellung bekannt gewordene Gewährleistungsaufwand kann nicht wertaufhellende Tatsache auf den Bilanzstichtag zurückbezogen werden, da bis zum 31.12. Werkmängel noch gar nicht aufgetreten waren.
Die Betriebsabläufe der Betreiber der Biogasanlagen zeigen deutlich auf, dass die Mängel erst im Folgejahr offen zu Tage getreten waren, Es war lediglich die Mängelursache bereits vorher gesetzt worden. Bei Einzelrückstellungen könnten bis zur Bilanzaufstellung bekannt gewordene Garantiefälle wertaufhellend berücksichtigt werden, sofern als Anknüpfungspunkt hierfür bereits am Bilanzstichtag objektiv "ein Mangel vorgelegen hat". Das trifft nicht zu, wenn der Unternehmer seine Arbeiten bis zum Bilanzstichtag als (noch) werkmangelfrei eingeordnet hat.