Der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie ist steuerpflichtig, wenn er innerhalb von 10 Jahren nach dem Erwerb erfolgt. Bei selbstgenutztem Wohneigentum ist der Veräußerungsgewinn allerdings steuerfrei, wenn die Immobilie im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung aus-schließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
Praxis-Beispiel: Am 22.12.2009 erwarb der Kläger für 60.000 € einen 2/47 Miteigentumsanteil einer Miteigentumsgemeinschaft, die vom Kleingarten Verein e.V. verwaltet werden. Der Grundbesitz ist Vertragsgegenstand und jeder Miteigentumsanteil ist in Abt. II des Grundbuchs mit der Regelung der Verwaltung und Benutzung des Grundstücks sowie mit dem Ausschluss der Aufhebung der Gemeinschaft belastet. Laut Kaufvertrag versicherte der Verkäufer, dass mit dem Recht auf dem verkauften Miteigentumsanteil das Recht auf alleinige und ausschließliche Nutzung der Parzellen Nrn. 12 und 13 verbunden sein soll, auf dem sich ein Gartenhaus befand. Dem früheren Eigentümer des Miteigentumsanteils des Klägers war ein Gartenhaus unter der Auflage genehmigt worden, dass das Gebäude nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt wird.
Am 05.12.2014 veräußerte der Kläger seinen Miteigentumsanteil am o.g. Grundbesitz für 152.000 €. Im Einkommensteuerbescheid für 2015 vom 29.03.2017 berücksichtigte das Finanzamt hinsichtlich des Grundstücksverkaufs einen Gewinn aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 82.000 €. Der Kläger machte geltend, dass er das Gartenhaus im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe, sodass kein Veräußerungsgewinn zu versteuern sei.
Das Finanzgericht München hat entschieden, dass eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken voraussetzt, dass das genutzte Wirtschaftsgut nicht nur tatsächlich, sondern auch rechtlich dazu bestimmt und geeignet sein muss, Menschen auf Dauer Unterkunft und Aufenthalt zu ermöglichen. Wenn das Gebäude baurechtlich unter der Auflage genehmigt worden ist, dass es nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt werden darf, ist die Spekulationsfrist von 10 Jahren maßgebend.
Hinweis: Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Daraufhin hat der BFH die Revision zugelassen (Az. beim BFH: IX R 5/21). In vergleichbaren Fällen ist es somit sinnvoll, Einspruch einzulegen und das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung durch den BFH zu beantragen.
Kann die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen, ist sie zu einer Schätzung berechtigt. Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen der Besteuerung nicht zugrunde gelegt werden können. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Buchführung und die Aufzeichnungen des Steuerpflichtigen, die den Vorschriften entsprechen, der Besteuerung zugrunde zu legen sind, wenn kein Anlass besteht, ihre sachliche Richtigkeit zu beanstanden.
Praxis-Beispiel: Die Steuerpflichtige ermittelte den Gewinn für ihren griechischen Imbiss mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Zur Erfassung der Bareinnahmen verwendete sie eine elektronische Registrierkasse und bewahrte die täglichen Bon-Rollen auf. Im Rahmen einer Betriebsprüfung führte der Prüfer eine Bargeldverkehrsrechnung durch und gelangte zu geringen Fehlbeträgen. Bei einer zusätzlich erstellten „vorläufigen Geldverkehrsrechnung“ kam er ebenfalls auf geringe Unterdeckungen. Der Prüfer beanstandete die Kassenführung, weil einzelne Beträge am falschen Tag erfasst wurden. Der Prüfer hat des Weiteren festgestellt, dass eine Pfandgelderstattung von 11,94 €, ein Außer-Haus-Verkaufsumsatzes i. H. v. 10,70 € (also insgesamt 22,64 €) in der Kasse fehlten. In 2014 sind vier Außer-Haus-Verkaufsumsätze i. H. v. 20,95 €, 13,00 €, 14,30 € und 10,92 €, also insgesamt 59,15 €) nicht erfasst worden. Der Prüfer nahm dies zum Anlass, die Einnahmen aufgrund einer Richtsatz-Kalkulation deutlich zu erhöhen.
Das Finanzgericht hat entschieden, dass die Fehler, die der Prüfer festgestellt hat, es nicht rechtfertigen, die Richtigkeit der Buchführung der Klägerin insgesamt infrage zu stellen. Für Hinzuschätzungen, die über die festgestellten gewinnwirksamen Aufzeichnungsmängel hinausgehen, besteht keine Schätzungsbefugnis.
Für buchführungspflichtige Unternehmer gilt, dass eine Buchführung (erst) dann formell ordnungswidrig ist, wenn sie wesentliche Mängel aufweist, die auch aus der Gesamtheit aller unwesentlichen Mängel bestehen kann. Maßgebend ist das Gesamtbild aller Umstände. Eine Buchführung kann also trotz einzelner Mängel aufgrund der Gesamtwertung als formell ordnungsmäßig beurteilt werden. Insoweit kommt der sachlichen Gewichtung der Mängel ausschlaggebende Bedeutung zu. Das gilt insbesondere, wenn vorwiegend Bargeschäfte getätigt werden. Mängel der Kassenführung können den gesamten Aufzeichnungen die Ordnungsmäßigkeit nehmen.
Eine ordnungsgemäße Einnahmen-Überschuss-Rechnung setzt lediglich voraus, dass die Höhe der Betriebseinnahmen bzw. der Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen wird. Eine förmliche Aufzeichnungspflicht besteht hingegen nicht. Eine Aufzeichnungspflicht besteht damit nur, soweit aus anderen Gründen zu Besteuerungszwecken Aufzeichnungen gefordert werden, etwa aufgrund weiterer Steuergesetze (wie z. B. nach § 22 UStG). Danach ist jeder Unternehmer verpflichtet, zur Feststellung der Umsatzsteuer und der Grundlagen ihrer Berechnung Aufzeichnungen zu machen. Aus den Aufzeichnungen müssen die vereinbarten (bzw. vereinnahmten) Entgelte zu ersehen sein.
Soweit der Prüfer bei seiner Kalkulation auf angebliche Erfahrungswerte bei anderen Betrieben zurückgreift, reicht dies für eine Hinzuschätzung nicht aus. Die hieraus resultierenden Ungenauigkeiten können nicht durch einen pauschalen Verweis des Prüfers auf erfolgte Sicherheitsabschläge in erheblicher Höhe gerechtfertigt werden. Das gilt erst recht, wenn die tatsächlichen Ergebnisse aller Jahre sich im Rahmen der Richtsätze bewegten - selbst wenn diese sich im unteren Bereich befanden.
Für Aufwendungen, die steuerlich bereits als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind, kann zusätzlich keine Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen gewährt werden (§ 35a Abs. 5 EStG). Die zumutbare Belastung, die von den außergewöhnlichen Belastungen abgezogen wurde, hat den Gesamtbetrag der Einkünfte nicht gemindert. Konsequenz: Für diese Aufwendungen ist eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG mithin zulässig.
Praxis-Beispiel: Das Finanzamt hat die Kosten der Steuerpflichtigen für die Unterbringung in einer Seniorenresidenz zunächst nicht anerkannt. Im finanzgerichtlichen Verfahren wurden 22.619,28 € als krankheitsbedingte Aufwendungen für die Unterbringung in einer Seniorenresidenz als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt. In diesem Betrag sind haushaltsnahe Dienstleistungen von 2.039 € enthalten, die wegen des Abzugs der zumutbaren Belastung (Eigenanteil) nicht bei den außergewöhnlichen Belastungen vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen worden sind.
Der BFH hat entschieden, dass die Berücksichtigung der haushaltsnahen Dienstleistungen von 2.039 € zutreffend ist, sodass insoweit ein Abzug von der Steuerschuld von (2.039 € x 20% =) 408 € in Betracht kommt. Dass die zumutbare Belastung vorrangig von den begünstigten haushaltsnahen Dienstleistungen abgezogen wurde, ist nicht zu beanstanden. Soweit die von der Seniorenresidenz bescheinigten haushaltsnahen Dienstleistungen die zumutbare Belastung übersteigen (4.760 €) haben sie sich als außergewöhnliche Belastungen ausgewirkt. Insoweit scheidet eine (weitere) Berücksichtigung als haushaltsnahe Dienstleistungen aus.
Fazit: Werden Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht, die dem Grunde nach sowohl als allgemeine außergewöhnliche Belastungen als auch bei den haushaltsnahen Dienstleistungen berücksichtigt werden können, kann typisierend davon ausgegangen werden, dass die zumutbare Belastung vorrangig auf die begünstigten haushaltsnahen Dienstleistungen entfällt.
Die Abgabefrist für Steuererklärungen 2019 ist für Steuerpflichtige, die durch Steuerberater und Steuerberatungsgesellschaften vertreten werden, einmalig um sechs Monate (bzw. fünf Monate bei Land- und Forstwirten mit abweichendem Wirtschaftsjahr) verlängert worden. Diese gesetzliche Fristverlängerung gilt ausschließlich für die Steuererklärungen 2019 und muss vom Finanzamt automatisch berücksichtigt werden. Das heißt, dass ein Antrag nicht erforderlich ist. Die gesetzlichen Fristverlängerungen gelten nicht, wenn Steuer-/Feststellungserklärungen für den Veranlagungszeitraum 2019 „vorab angefordert“ wurden.
Die verlängerte Abgabefrist bis zum 31.8.2021 bzw. 31.12.2021 kann in beratenen Fällen nur auf Antrag verlängert werden, falls der Steuerpflichtige und sein Vertreter oder Erfüllungsgehilfe nachweislich ohne Verschulden verhindert sind oder waren, die Steuererklärungsfrist einzuhalten. Bei seiner Entscheidung berücksichtigt das Finanzamt die von der Rechtsprechung zum Vorliegen einer „unverschuldeten Verhinderung“ entwickelten Grundsätze. Wichtig! Die gesetzliche Verlängerung der Erklärungsfrist gilt nicht für Steuer- und Feststellungserklärungen, die vom Steuerpflichtigen selbst erstellt werden (nicht beratene Fälle).
Werden die (verlängerten) Abgabefristen eingehalten, darf kein Verspätungszuschlag festgesetzt werden. Nach einem Überschreiten der Abgabefristen ist grundsätzlich von Amts wegen ein Verspätungszuschlag festzusetzen (gebundene Entscheidung). Die Entscheidung über die Festsetzung eines Verspätungszuschlags steht nur in folgenden Fällen im Ermessen des Finanzamts:
die Finanzbehörde hat die Frist für die Abgabe der Steuererklärung nach § 109 AO (ggf. rückwirkend) verlängert, die Erklärung wurde aber nach Ablauf der hiernach verlängerten Frist abgegeben,
die Steuer wurde auf 0 € oder auf einen negativen Betrag festgesetzt oder
die festgesetzte Steuer übersteigt nicht die Summe der festgesetzten Vorauszahlungen und der anzurechnenden Steuerabzugsbeträge.
Verlängerung der zinsfreien Zeit: Die Verzinsung von Steuernachforderungen und Steuererstattungen beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist (§ 233a AO). Hiervon abweichend beginnt der Zinslauf der Vollverzinsung - nur für den Besteuerungszeitraum 2019 - erst am 1.10.2021. Die gesetzliche Verlängerung der Karenzzeit gilt sowohl für Nachzahlungs- als auch Erstattungszinsen. Die Verlängerung der zinsfreien Zeit gilt für alle. Sie ist nicht auf beratene Fälle beschränkt.
Aufwendungen für den Bezug von allgemein informierenden Zeitungen und Zeitschriften sind als nicht abziehbare Aufwendungen der Lebensführung einzustufen. Diese Aufwendungen dienen der allgemeinen Information und damit jedenfalls auch der Lebensführung. Sie können grundsätzlich nicht als Erwerbsaufwendungen abgezogen werden, weil die berufliche Veranlassung nicht von der privaten Mitveranlassung abgegrenzt werden kann.
Praxis-Beispiel: Das Finanzamt lehnte den Abzug der Aufwendungen für den Bezug der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) in Höhe von 249,66 € als Werbungskosten ab. Der Steuerpflichtige legte u.a. auch dagegen Klage ein und beantragte, seine Aufwendungen als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen.
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Sie müssen durch einen Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sein. Dies ist der Fall, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs getätigt werden. Die Aufwendungen für den Bezug der FAZ erfüllen diese Voraussetzungen nicht und sind deshalb nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar. Es handelt sich um nicht abziehbare Aufwendungen der Lebensführung. Das gilt auch für den Vorstandssprecher einer Bank, der die FAZ dazu nutzt, sich über die börsenrechtlich vorgeschriebenen Veröffentlichungen zu informieren.
Aufwendungen für den Bezug einer Tageszeitung, die der allgemeinen Information und damit jedenfalls auch der Lebensführung dienen, können grundsätzlich nicht als Erwerbsaufwendungen abgezogen werden. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt nur dann in Betracht, wenn eine nahezu ausschließliche betriebliche oder berufliche Verwendung nach den besonderen Umständen des Falles als sicher erscheint. Das ist bei der FAZ nicht der Fall. Die FAZ enthält in großem Umfang auch Informationen über Politik, Kultur und Sport. Ihre Lektüre befriedigt daher (zumindest in nicht unerheblichem Umfang) auch private Interessen. Die vom Steuerpflichtigen geltend gemachten Aufwendungen können auch nicht - etwa aufgrund einer Schätzung - teilweise zum Abzug als Werbungskosten zugelassen werden. Es fehlt an objektiven Kriterien, nach denen sich bestimmen lässt, in welchem Umfang die Zeitung zur Erlangung beruflicher und außerberuflicher Informationen genutzt wird.
Unterhaltsleistungen an ein Kind, für das kein Anspruch auf Kindergeld oder Kinderfreibeträge besteht, können bis zum gesetzlich festgelegten Höchstbetrag als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden. Eigene Einkünfte und Bezüge mindern diesen Höchstbetrag, soweit diese 624 € im Jahr übersteigen. Bafög-Zahlungen sind in vollem Umfang anzurechnen. Das Finanzgericht hat entschieden, dass negative Einkünfte mit den Bezügen - also auch mit den Bafög-Zahlungen - zu verrechnen sind, sodass sich dadurch auch die anrechenbaren Beträge insgesamt mindern.
Praxis-Beispiel: In ihrer Einkommensteuererklärung für 2017 machten die Eltern Unterhaltsleistungen in Höhe von 9.920 € für ihre am 1.7.1988 geborene Tochter geltend. Die Tochter wohnt als Studentin in einer Wohnung, die den Eltern gehört. Die Tochter erhielt Zahlungen nach dem Bafög von 4.020 €. Die Tochter hatte Einnahmen in Höhe von insgesamt 1.830,37 € aus einem geringfügigen Arbeitsverhältnis. Im Jahr 2017 hatte die Tochter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 1.098,38 € geleistet. Im Einkommensteuerbescheid der Tochter für das Jahr 2017 wurden die Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit mit einem Verlust von 350 € angesetzt (Einnahmen 1.830 € abzüglich Werbungskosten von 2.180 €).
Das Finanzamt berücksichtigte die Unterhaltsleistungen der Eltern mit 9.919 €. Eigene Einkünfte und Bezüge der Tochter wurden gegengerechnet. Allerdings hat das Finanzamt die Verluste aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 350 € nicht mit den Bafög-Leistungen verrechnet. Die Eltern machten geltend, dass dieser Verlust mit den Bafög-Leistungen zu verrechnen sei, sodass ihre Unterhaltsleistungen insoweit zu berücksichtigen seien.
Das Finanzamt bezieht sich auf die Definition der Einkünfte „als Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten“ und schließt daraus, dass negative Einkünfte im Rahmen der Ermittlung des Kürzungsbetrages nicht zu berücksichtigen seien. Diese Argumentation ist allerdings nicht zwingend, da § 2 EStG auch einen negativen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zulässt. Das Finanzgericht hat daher entschieden, dass die anzurechnenden Bafög-Zahlungen um einen Verlust bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit zu mindern ist.
Hinweis: Da zu dieser Rechtsfrage unterschiedliche Auffassungen vertreten werden, hat das Finanzgericht die Revision zugelassen (Az. beim BFH: VI R 45/20).