Die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen ist als Heilbehandlung umsatzsteuerfrei, wenn sie im Rahmen einer therapeutischen Langzeitbehandlung mit einer Kryo-Konservierung erfolgt, bei der Einlagerung und Kryokonservierung zwar durch zwei unterschiedliche Unternehmen durchgeführt werden, für die aber dieselben Ärzte tätig sind.
Praxis-Beispiel: Im Streitfall war eine Gesellschaft im Bereich der Kryokonservierung zum Zweck der medizinisch indizierten künstlichen Befruchtung in Fällen tätig, in denen eine organisch bedingte Sterilität bei einem der beiden fortpflanzungswilligen Partner vorlag. Die vorgehende bzw. sich anschließende Fruchtbarkeitsbehandlung wurde zwar von einem anderen Unternehmen durchgeführt. Allerdings waren für beide Unternehmen dieselben Personen tätig. Während das Finanzamt die Einlagerung der eingefrorenen Eizellen als umsatzsteuerpflichtig ansah, nahm das Finanzgericht eine steuerfreie Heilbehandlung an.
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts. Zur Begründung verweist er darauf, dass er bereits in der Vergangenheit entschieden habe, dass die weitere Lagerung von im Rahmen einer Fruchtbarkeitsbehandlung eingefrorenen Eizellen durch einen Arzt gegen ein vom Patienten gezahltes Entgelt umsatzsteuerfrei ist. Voraussetzung ist, dass damit ein therapeutischer Zweck verfolgt wird, wie er z. B. bei der Herbeiführung einer weiteren Schwangerschaft im Hinblick auf eine andauernde organisch bedingte Sterilität besteht. Ergänzend führt der BFH aus, dass auch die isolierte Einlagerung eingefrorener Eizellen umsatzsteuerfrei ist.
Der BFH wendet sich damit gegen eine von der Finanzverwaltung vorgenommene Unterscheidung zwischen einer "weiteren Lagerung" und einer "bloßen Lagerung", wobei die Finanzverwaltung für den Fall der bloßen Lagerung eine zur Steuerpflicht führende Regelvermutung aufstellt. Für den BFH ist maßgeblich, dass es in beiden Fällen gleichermaßen um eine Lagerung als umsatzsteuerrechtlich eigenständige Leistung geht.
Dass in Bezug auf die Fruchtbarkeitsbehandlung und die Einlagerung Leistungen zweier unterschiedlicher Unternehmen vorlagen, sieht der BFH jedenfalls dann als unerheblich an, wenn für die beiden Unternehmen dieselben Personen tätig sind.
Die Abgabefrist für die Grundsteuererklärung wird um drei Monate bis zum 31.1.2023 verlängert. Mit diesem Beschluss sollen Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft sowie die Steuerberaterinnen und Steuerberater deutlich entlastet werden.
Bei Betriebsveranstaltungen, die allen Betriebsangehörigen offenstehen, sind Aufwendungen bis zu 110 € lohnsteuerfrei. Darüber hinaus gehende Beträge können mit 25% pauschal der Lohnsteuer unterworfen werden. Das Finanzgericht hat entschieden, dass auch die Lohnsteuerpauschalierung bei Betriebsveranstaltungen mit 25% nur dann anwendbar ist, wenn die Veranstaltung allen Betriebsangehörigen offensteht.
Praxis-Beispiel: Das Finanzamt hat gegenüber der Klägerin einen Lohnsteuer-Nachforderungsbescheid und einen Lohnsteuer-Haftungsbescheid erlassen. Das Finanzamt behandelte die Aufwendungen für die Vorstandsweihnachtsfeier und die Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis als steuerpflichtigen Arbeitslohn. Es wendete nicht den pauschalen Steuersatz von 25% an, sondern einen durchschnittlichen Steuersatz von 81,81% bzw. 62% (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 EStG).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin den Teilnehmern steuerbaren Arbeitslohn zugewendet hat. Die Klägerin machte jedoch geltend, dass der pauschale Steuersatz von 25% anzuwenden sei, weil es keine gesetzliche Regelung gibt, die diese Pauschalierung ausschließt, wenn die Betriebsveranstaltung nicht allen Betriebsangehörigen offensteht.
Es ist eindeutig, dass von den Zuwendungen kein Freibetrag abzuziehen ist, weil die Vorstandsweihnachtsfeier und die Weihnachtsfeier für den Konzernführungskreis nicht allen Angehörigen des Betriebs oder eines Betriebsteils offen stand, sondern nur Vorständen bzw. Führungskräften. Die Legaldefinition des Begriffs der Betriebsveranstaltung enthält nicht das Kriterium des Offenstehens der Veranstaltung für alle Angehörigen des Betriebs. Dieses Kriterium ist nur Bedingung für die Anwendung des Freibetrags.
Begriffe, die in verschiedenen Vorschriften desselben Gesetzes verwendet werden, sind grundsätzlich einheitlich auszulegen. Eine von einer Legaldefinition abweichende Auslegung kommt in Betracht, wenn der Zweck der Regelung, ihr Zusammenhang mit anderen Vorschriften und/oder die Entstehungsgeschichte eindeutig erkennen lassen, dass der Begriff anders als in der Legaldefinition zu verstehen sein soll. Das Finanzgericht Münster geht davon aus, dass eine solche von der Legaldefinition abweichende Auslegung des Begriffs der Betriebsveranstaltung hier geboten ist.
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen (Az. beim BFH: VI R 5/22). Somit hat der BFH über die Auslegung zu entscheiden. Wie der BFH den Zweck der Vorschrift begründet, ist zurzeit offen. Wichtig! In entsprechenden Fällen ist es sinnvoll, Einspruch einzulegen und zu beantragen, dass das Verfahren bis zur Entscheidung durch den BFH ausgesetzt wird.
Überlässt der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer einen Firmenwagen für Privatfahrten und für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung, scheidet ein Werbungskostenabzug auch dann aus, wenn der Arbeitnehmer hierfür ein Nutzungsentgelt leisten muss oder individuelle Kfz-Kosten zu tragen hat.
Praxis-Beispiel: Der Arbeitgeber hat seinem Arbeitnehmer (Kläger) einen Firmenwagen überlassen, den er auch für private Fahrten, für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie für Familienheimfahrten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung nutzte. Dafür musste er pauschal 0,5% der unverbindlichen Kaufpreisempfehlung und eine kilometerabhängige Zuzahlung an den Arbeitgeber leisten. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger die Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten in der Höhe geltend, die er für diese Fahrten aufwenden musste.
Zahlt der Arbeitnehmer an den Arbeitgeber für die Nutzung zu privaten Fahrten, zu Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie zu Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eines betrieblichen Kfz ein Nutzungsentgelt, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung. Insoweit fehlt es an einer Bereicherung des Arbeitnehmers und damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn. In Höhe des Nutzungsentgelts wendet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer keinen Vorteil zu. Der Arbeitnehmer wird durch die Zahlung des Nutzungsentgelts nicht bereichert, sondern vielmehr endgültig belastet. Das gilt gleichermaßen, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen der vorgenannten außerdienstlichen Nutzungen einzelne (individuelle) Kosten (wie z. B. Kraftstoffkosten) des betrieblichen PKW trägt.
Übersteigen aber die Eigenleistungen des Arbeitnehmers den Nutzungsvorteil, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten. Das EStG ordnet den Ausschluss des Werbungskostenabzugs pauschal für jedwede Überlassung eines Kfz im Rahmen einer Einkunftsart an. Ob der Arbeitnehmer für die Nutzung des Firmenwagens ein Entgelt entrichten muss, ist deshalb ohne Bedeutung.
Der Werbungskostenabzug scheidet somit aus, weil nicht nur das pauschale Nutzungsentgelt, sondern auch die von ihm getragenen individuellen Kosten für die Familienheimfahrten, bereits auf der Einnahmeseite den Vorteil aus der Überlassung des Dienstwagens auf 0 € gemindert haben. Folglich kann aus diesem Grund nicht (nochmals) ein Werbungskostenabzug (für Familienheimfahrten) bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden.
Ein kindergeldberechtigter Elternteil ist verpflichtet, der Familienkasse rechtzeitig mitzuteilen, wenn seine Kinder nicht mehr in seinem Haushalt leben. Unterlässt er dies, ist die Kindergeldrückforderung der Familienkasse nicht bereits deshalb in vollem Umfang zu erlassen, weil das Kindergeld gemäß einer notariellen Unterhaltsvereinbarung an den dann vorrangig kindergeldberechtigten anderen Elternteil weitergeleitet worden ist. Das gilt insbesondere dann, wenn dessen Anspruch möglicherweise wegen fehlender Antragstellung bereits verjährt ist.
Praxis-Beispiel: Der Kläger war zunächst der kindergeldberechtigte Elternteil und bezog Kindergeld für seine drei Kinder. Im Zusammenhang mit der Trennung von seiner Ehefrau wurde notariell eine Unterhaltsregelung vereinbart, wonach er das Kindergeld an den dann vorrangig berechtigten Elternteil weiterleitete. Er selbst war nicht mehr berechtigt, weil die Kinder im Haushalt der Mutter lebten. Der Kläger hat es dennoch unterlassen, der Familienkasse rechtzeitig mitzuteilen, dass sich die Kinder nicht mehr in seinem Haushalt befanden. Das zuständige Landesamt für Besoldung und Versorgung hat als Familienkasse die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum 1.7.2005 bis 31.12.2009 aufgehoben und ein Betrag (zzgl. Nebenleistungen) von insgesamt 25.380 € vom Kläger zurückgefordert.
Die dagegen gerichtete Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Das Finanzgericht führte in seinem Urteil u.a. aus, dass der Kläger - mangels wahrer Angaben zu einer fortdauernden Haushaltszugehörigkeit seiner Kinder - eine leichtfertige Steuerverkürzung begangen habe. Ob auf die Rückforderung im Hinblick auf die Weiterleitungserklärungen der Kindesmutter im Billigkeitswege verzichtet werden kann, muss die Kindergeldkasse in einem gesonderten Verfahren entscheiden.
Für die Frage, ob auf die Rückforderung im Hinblick auf die Weiterleitungserklärung der Kindesmutter im Billigkeitswege verzichtet werden kann, muss die Kindegeldkasse in einem gesonderten Verfahren entscheiden. Dabei sind die Verwaltungsanweisungen zu berücksichtigen, die die Anerkennung des Weiterleitungseinwandes u.a. davon abhängig machen, dass dem nunmehr Berechtigten (hier die Kindesmutter) ein Kindergeldanspruch zusteht: "Zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs durch Weiterleitung muss der Kindergeldanspruch des nunmehr Berechtigten bereits materiell geprüft worden sein und zweifelsfrei feststehen." Im vorliegenden Fall kommt jedoch in Betracht, dass der Kindergeldanspruch der Kindesmutter durch unterbliebene oder verspätete Antragstellung verjährt und damit erloschen ist.
Dabei ist auch zu beachten, dass für die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung beim Kläger die verlängerte Verjährungsfrist gilt, während für die Kindergeldfestsetzung bei der Kindesmutter die normale vierjährige Festsetzungsfrist eingreift. Deshalb kann es an der Deckungsgleichheit des Nachforderungsanspruchs der Kindesmutter mit dem Rückforderungsanspruch gegenüber dem Kläger fehlen.
Eine unangekündigte Wohnungsbesichtigung durch einen Beamten der Steuerfahndung als sogenannten Flankenschutzprüfer, der die Angaben der Steuerpflichtigen zu einem häuslichen Arbeitszimmer prüfen soll, ist rechtswidrig, wenn der Steuerpflichtige bei der Aufklärung des Sachverhalts mitwirkt.
Praxis-Beispiel: Eine selbständige Unternehmensberaterin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend. Auf Nachfrage des Finanzamts reichte sie eine Skizze der Wohnung ein, die der Sachbearbeiter des Finanzamts für klärungsbedürftig hielt. Er bat den Flankenschutzprüfer um die Besichtigung der Wohnung. Dieser erschien unangekündigt an der Wohnungstür der Steuerpflichtigen, wies sich als Steuerfahnder aus und betrat unter Hinweis auf die Überprüfung im Besteuerungsverfahren die Wohnung. Die Steuerpflichtige hat der Besichtigung nicht widersprochen.
Der BFH hat entschieden, dass die Besichtigung rechtswidrig war. Wegen des Schutzes der Unverletzlichkeit der Wohnung, die in Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes verbürgt ist, ist eine Besichtigung in der Wohnung erst dann erforderlich, wenn die Unklarheiten durch weitere Auskünfte oder andere Beweismittel (z. B. Fotografien) nicht mehr sachgerecht aufgeklärt werden können. Das gilt insbesondere, wenn der Steuerpflichtige zur Mitwirkung bereit ist. Die Besichtigung ist auch dann rechtswidrig, wenn die Steuerpflichtige der Besichtigung zugestimmt hat und deshalb kein schwerer Grundrechtseingriff vorliegt.
Fazit: Die Ermittlungsmaßnahme war deshalb rechtswidrig, weil sie von einem Steuerfahnder und nicht von einem Mitarbeiter der Veranlagungsstelle durchgeführt wurde. Denn das persönliche Ansehen des Steuerpflichtigen kann dadurch gefährdet werden, dass zufällig anwesende Dritte (z. B. Besucher oder Nachbarn) glauben, dass beim Steuerpflichtigen strafrechtlich ermittelt wird.