Ein Reiterverein, der eine Reitlehrerin beschäftigt, ist verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen, wenn es sich um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Das gilt auch dann, wenn eine selbständige Tätigkeit vereinbart wurde, es sich aber tatsächlich um eine Scheinselbständigkeit handelt, Indizien für eine Scheinselbständigkeit sind z. B.
die unentgeltliche Nutzung der Vereinspferde und der Reithalle sowie
das Fehlen eines unternehmerischen Risikos.
Praxis-Beispiel: Eine Reitlehrerin unterrichtete Mitglieder eines gemeinnützigen Reitervereins mit vereinseigenen Schulpferden auf dem Vereinsgelände (pro Woche zwischen 12 und 20 Stunden). Der Verein zahlte pro Stunde 18 €. Die Deutsche Rentenversicherung prüfte den Betrieb des Reitervereins und kam zu dem Ergebnis, dass die Reitlehrerin abhängig beschäftigt ist. Entgegen der Auffassung des Reitervereins liegt keine selbständige Tätigkeit, sondern ein Arbeitsverhältnis vor.
Das Landessozialgericht bestätigte die Auffassung der Rentenversicherung. Ein nebenberuflicher Übungsleiter oder Trainer könne auch selbständig sein, wie das Vertragsmuster „Freier-Mitarbeiter-Vertrag- Übungsleiter Sport“ der Rentenversicherung dokumentiert. Ein entsprechender Vertrag ist im vorliegenden Fall jedoch nicht abgeschlossen worden.
Im konkreten Fall sprachen die o.g. Indizien vielmehr für eine Scheinselbständigkeit. Außerdem wurden die Hallenzeiten mit dem Verein abgestimmt und das Entgelt für die Reitschüler vom Verein festgelegt. Die Vergütung für die Reitlehrerin lag im Durchschnitt über 6.500 € im Jahr und damit deutlich über der steuerfreien Übungsleiterpauschale. Da die Rentenversicherung zur Berechnung des sozialversicherungspflichtigen Entgelts die Übungsleiterpauschale abgezogen hat, ist das Ergebnis nicht zu beanstanden.
Der Verderb von Waren wird nicht gebucht, weil sich die Gewinnauswirkung automatisch ergibt. Waren- und Materialeinkäufe werden insgesamt als Aufwand gebucht, und zwar auf das Konto "Wareneinkauf" oder auf das Konto "Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe". Somit ist auch die Ware, die verdorben ist, von vornherein als Aufwand erfasst. Dasselbe gilt auch für Material, das im Laufe der Zeit unbrauchbar geworden ist.
Der Aufwand, der über die Konten "Wareneinkauf" oder "Einkauf Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe" gebucht wurde,
ist und bleibt Aufwand, wenn der Gewinn mithilfe einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellt wird,
wird bei Bilanzierung über den Waren-/Materialbestand, der zu Beginn und Ende eines Jahres vorhanden war, korrigiert.
Den Waren-/Materialeinsatz (= endgültigen Aufwand) für das jeweilige Jahr erhält man, sobald die Veränderung des Waren-/Materialbestands berücksichtigt wird.
Der Waren- und Materialbestand wird durch Inventur ermittelt. Bei einer Inventur wird der gesamte Bestand am Ende des Jahres durch eine Bestandsaufnahme erfasst. Die Bestandaufnahme von Waren sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen erfolgt in der Form, dass jeder einzelne Artikel gezählt und in ein Verzeichnis eingetragen wird. Nicht mehr brauchbares Material darf nicht mehr mitgezählt werden. Der tatsächliche Wareneinsatz bzw. Materialeinsatz, in dem auch verdorbene Waren und nicht mehr verwendbares Material enthalten sind, ist nach dem folgenden Schema zu ermitteln:
Materialeinkauf + Materialbestand vom 1.1. - Materialbestand am 31.12. = Materialeinsatz (Aufwand)
Praxis-Beispiel: Ein Lebensmittel-Einzelhändler muss einen Teil seiner Ware entsorgen, weil sie verdorben ist bzw. das Verfallsdatum abgelaufen ist. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kann er außerdem nicht verhindern, dass Ware gestohlen wird. Der Einzelhändler hat jedoch keine Möglichkeit festzustellen, in welchem Umfang Ware aus seinem Geschäft gestohlen wird. Das wäre nur möglich, wenn er jeden Dieb erwischen würde. Das wäre der Idealfall, weil dann kein Schwund durch Diebstahl auftreten würde. Da es diesen Idealfall aber nicht gibt, stellt sich für den Einzelhändler nun die Frage, wie er Diebstahl und Verderb von Waren in seiner Buchführung erfassen muss.
Lösung: Der Einzelhändler braucht den Diebstahl und Verderb von Waren nicht zu buchen, weil sich die Gewinnauswirkung automatisch ergibt. Den Wareneinsatz (= endgültigen Warenaufwand) für das jeweilige Jahr erhält ein Unternehmer also dann, wenn er die Veränderung des Warenbestands berücksichtigt. Den Warenbestand ermittelt er durch Inventur. Bei der Inventur wird der gesamte Warenbestand am Ende des Jahres durch eine Bestandsaufnahme erfasst.
Ob der Verbrauch durch Verkauf, Diebstahl oder Verderb erfolgt ist, spielt für die Erfassung des Aufwands keine Rolle.
Nur wenn jeder Artikel, den ein Unternehmer verkauft, mit seinem Einkaufspreis erfasst werden könnte, wäre es für ihn nachvollziehbar, wie hoch der Anteil der gestohlenen Ware ist. Bei einer Vielzahl kleinerer Artikel wäre das jedoch nur mit einem unzumutbar hohen Aufwand verbunden und würde letztlich keinen Vorteil bei der Ermittlung des Betriebsergebnisses bringen.
Fazit: Warenschwund, unabhängig davon, wodurch er eintritt, braucht der Unternehmer weder festzustellen noch muss er den Vorgang verbuchen (= geklaut wird immer zum Buchwert).
Hinweis: Ware, die verdorben ist, entfernt der Unternehmer aus seinen Verkaufsräumen. Somit hat er die Möglichkeit, den Umfang der Ware festzuhalten, die verdorben ist. Das sollte er auch tun. Für seine Buchführung braucht er diesen Wert nicht, weil sich die Gewinnauswirkung automatisch ergibt. Wenn aber das Finanzamt den Betrieb prüft und zu dem Ergebnis kommt, dass die Gewinnspanne unter dem Branchendurchschnitt liegt, kann es für den Unternehmer sinnvoll sein, die Höhe des Warenverderbs dokumentieren zu können.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) plant milliardenschwere steuerliche Entlastungen. Folgendes ist bisher bekannt:
Reform bei den Steuerklassen Die Steuerklassenkombination 3 und 5 bei Eheleuten und Lebenspartnern soll künftig wegfallen. Das sogenannte Faktorverfahren in Steuerklasse 4 wird dann für diesen Personenkreis verpflichtend. Eine Steuerentlastung ist damit nicht verbunden. Vielmehr wird mit dem Faktorverfahren die Lohnsteuerbelastung gerechter auf die Eheleute und Lebenspartner verteilt, sodass Steuernachzahlungen bei einer Einkommensteuerveranlagung allein aufgrund der Steuerklassenwahl weitestgehend vermieden werden.
Steuerliche Entlastungen Der Grundfreibetrag der Lohn- und Einkommensteuer soll ab Januar 2025 um 300 € auf dann 12.084 € steigen. Außerdem soll der Grundfreibetrag noch in diesem Jahr rückwirkend zum 1. Januar 2024 um 180 € auf 11.784 € steigen. Bis zu diesem Einkommen fällt keine Einkommensteuer an. Für das Jahr 2026 ist eine weitere Anhebung um 252 € vorgesehen.
Kinderfreibetrag/Kindergeld Der steuerliche Kinderfreibetrag soll für den Veranlagungszeitraum 2025 um 60 € auf 6.672 € und ab dem Veranlagungszeitraum 2026 um 156 € auf 6.828 € angehoben werden. Auch das Kindergeld soll erhöht werden. Es soll zum 1. Januar 2025 um 5 € auf 255 € pro Kind im Monat angehoben werden. Ab 2026 soll im Einkommensteuergesetz verankert werden, dass Kindergeld und Kinderfreibetrag weiter zeitgleich steigen.
Hinweis: Die Zahlen zum Grund- und Kinderfreibetrag können sich im Herbst nach Vorlage des sogenannten Progressionsberichts noch ändern. Außerdem soll auch der Steuertarif angepasst werden, um die sogenannte kalte Progression auszugleichen. Damit soll verhindert werden, dass durch die Inflation Lohnzuwächse zunichtegemacht werden.
Einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer fließen Einnahmen aus Tantiemeforderungen gegen seine Kapitalgesellschaft bereits bei Fälligkeit zu. Fällig wird der Tantiemeanspruch mit der Feststellung des Jahresabschlusses, sofern die Vertragsparteien keine andere Fälligkeit im Anstellungsvertrag vereinbart haben. Tantiemeforderungen, die in den festgestellten Jahresabschlüssen nicht ausgewiesen sind, fließen dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zu, auch wenn eine entsprechende Verbindlichkeit nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung in den (festgestellten) Jahresabschlüssen hätte gebildet werden müssen.
Praxis-Beispiel: Der Kläger ist alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der GmbH. Nach dem Geschäftsführervertrag erhält der Kläger für seine Tätigkeit ein festes monatliches Bruttogehalt. Des Weiteren ist ihm eine Tantieme in Höhe von 20% des Jahresgewinns zugesagt, die einen Monat nach Feststellung des Jahresabschlusses durch die Gesellschafterversammlung zu zahlen ist. Die Höhe der Tantieme ist auf maximal 30% der Festvergütung begrenzt. Die vereinbarten Tantiemen wurden dem Kläger in den Jahren 2015 bis 2017 weder ausgezahlt noch hatte die GmbH in den Jahresabschlüssen entsprechende Passivposten gebildet.
In seinen Einkommensteuererklärungen gab der Kläger Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ohne Tantiemen an. Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass auch die nicht ausgezahlten Tantiemen (jeweils in der vereinbarten Höhe von 20% des Gewinns des Vorjahres) vom Kläger als Arbeitslohn zu versteuern seien, und erhöhte die Einkommensteuerfestsetzungen entsprechend. Laut Auffassung des Finanzamts gelten die Tantiemen zum Zeitpunkt der Bilanzerstellung als zugeflossen. Ob sie tatsächlich ausgezahlt worden sind, sei unerheblich, da es der Gesellschafter-Geschäftsführer selbst in der Hand habe, sich die Tantiemen auszahlen zu lassen.
Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht, weil vereinbarte, aber nicht ausgezahlte Tantiemen auch einem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer nicht zufließen, wenn bei der Gesellschaft keine entsprechende Verbindlichkeit passiviert worden ist und sich die Tantiemen deshalb nicht mindernd auf das Einkommen der Gesellschaft ausgewirkt haben.
Die Feststellungen des Finanzgerichts reichen lt. BFH nicht aus, um entscheiden zu können, ob dem Kläger die Forderungen auf Tantiemeansprüche zugeflossen sind, weil er durch einen Verzicht auf seine Tantiemeansprüche eine verdeckte Einlage in die GmbH erbracht haben könnte. Das Finanzgericht versäumt festzustellen, warum die Tantiemen nicht ausgezahlt bzw. entsprechende Forderungen des Klägers nicht als Verbindlichkeiten passiviert worden sind.
Tantiemen gehören zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Die Besteuerung setzt allerdings voraus, dass sie dem Arbeitnehmer als sonstiger Bezug zugeflossen sind. Der Zufluss tritt mit der Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ein. Der BFH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführern ein Zufluss von Einnahmen auch ohne Zahlung oder Gutschrift vorliegen kann. Danach fließt dem alleinigen oder beherrschenden Gesellschafter eine eindeutige und unbestrittene Forderung gegen seine Kapitalgesellschaft bereits mit deren Fälligkeit zu.
Die GmbH hatte die Tantiemeforderungen des Klägers in ihren Jahresabschlüssen nicht als Verbindlichkeit ausgewiesen. Da die Gesellschafterversammlung der GmbH die Jahresabschlüsse festgestellt hatte, waren die Tantiemeansprüche nicht fällig. Ob diese nach den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Buchführung hätten passiviert werden müssen, ist – entgegen der Auffassung des BMF - unerheblich, weil ein Pflichtenverstoß nicht die Fälligkeit einer Tantiemeforderung begründen kann. Daher ist ohne Bedeutung, ob es sich bei der fehlenden Passivierung um einen Buchungsfehler gehandelt hat, oder ob eine Bilanzierung aus anderen Gründen von vornherein nicht in Betracht kam, etwa weil die Tantiemezusage vor der Entstehung der vereinbarten Tantiemeansprüche einvernehmlich aufgehoben worden ist.
Die Feststellungen des Finanzgerichts reichen allerdings nicht aus, um abschließend entscheiden zu können, ob dem Kläger die Forderungswerte der Tantiemeansprüche zugeflossen sind. Das wäre der Fall, wenn er durch einen Verzicht auf seine Tantiemeansprüche eine verdeckte Einlage in die GmbH erbracht hätte.
Die Tätigkeit eines staatlich anerkannten Sozialpädagogen im Bereich der Eingliederungshilfe ist keine sonstige selbständige Tätigkeit.
Praxis-Beispiel: Der Kläger übt sozialpädagogische Beratungsleistungen im Rahmen der Eingliederungshilfe aus, die den Lebensalltag unterstützen. Der Kläger war der Auffassung, dass seine Einkünfte als sonstige selbständige Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG einzustufen seien. Das Finanzamt und auch das Finanzgericht stuften seine Tätigkeit jedoch als gewerblich ein.
Der BFH hat die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision als unbegründet zurückgewiesen. Der BFH hat bereits geklärt, dass ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit nur dann erzielt, wenn seine Tätigkeit ihrer Art nach den gesetzlichen Regelbeispielen ähnlich ist (Grundsatz der sogenannten Gruppenähnlichkeit). Es ist ferner geklärt, dass die Tätigkeit nach den gesetzlichen Regelbeispielen nur dann ähnlich ist, wenn diese berufsbildtypisch durch eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis sowie durch Aufgaben der Vermögensverwaltung geprägt ist. Eine Tätigkeit, die beratender Natur ist und keine Aufgaben der Vermögensverwaltung umfasst, kann somit keine sonstige selbständige Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sein.
Die Art und Weise, in der ein Steuerpflichtiger, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt, seine Aufzeichnungen geführt hat, ist eine Tatsache, die (wenn sie dem Finanzamt nachträglich bekannt werden) zur Korrektur eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids führen kann.
Praxis-Beispiel: Der Kläger war als Einzelhändler tätig und ermittelte seinen Gewinn im Wege der Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Das Finanzamt veranlagte ihn zunächst ohne Vorbehalt der Nachprüfung. Bei einer späteren Außenprüfung beanstandete das Finanzamt die Aufzeichnungen des Klägers als formell mangelhaft und führte eine Hinzuschätzung durch. Das Finanzamt änderte die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide. Dies sei auch verfahrensrechtlich zulässig, da im Rahmen der Außenprüfung nachträglich steuererhöhende Tatsachen bekannt geworden seien (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO).
Der BFH hat dies bestätigt, weil § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide nicht nur dann zulasse, wenn sicher feststeht, dass der Steuerpflichtige Betriebseinnahmen nicht aufgezeichnet hat. Auch die Art und Weise, in der der Steuerpflichtige seine Aufzeichnungen geführt hat, sei eine Tatsache. Dies gelte für Aufzeichnungen über den Wareneingang ebenso wie für sonstige Aufzeichnungen oder die übrige Belegsammlung eines Steuerpflichtigen, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittle, die keine Verpflichtung zur förmlichen Aufzeichnung der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben vorsehe.
Darüber, ob eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide zulässig war, konnte der BFH allerdings mangels hinreichender Feststellungen nicht abschließend entscheiden. Die Tatsache, ob und wie der Steuerpflichtige seine Bareinnahmen aufgezeichnet habe, ist rechtserheblich, wenn das Finanzamt bereits im Zeitpunkt der Veranlagung zur Schätzung befugt gewesen wäre und deswegen eine höhere Steuer festgesetzt hätte. Da eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts in bestimmten Fällen auch bei (lediglich) formellen Mängeln der Aufzeichnungen über Bareinnahmen besteht, muss das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang prüfen, ob die Unterlagen des Klägers Mängel aufwiesen, die zur Hinzuschätzung von Betriebseinnahmen führen.