In der Vergangenheit sind zahlreiche Einsprüche eingelegt worden, bei denen es um die Frage ging, ob Erschließungskosten eines Grundstücks, die von einer Gemeinde auf die Anwohner umgelegt werden, als haushaltsnahe Handwerkerleistungen steuerlich begünstigt sind. Die Entscheidungen über diese Einspruchsverfahren sind ausgesetzt worden, weil Verfahren beim BFH anhängig waren.
Nachdem der BFH in zwei Urteilen entschieden hat, dass derartige Erschließungskosten nicht als haushaltsnahe Handwerkerleistungen anerkannt werden können, weist die Finanzverwaltung nunmehr alle am 28.2.2022 hiergegen anhängigen und zulässigen Einsprüche in einer „Allgemeinverfügung“ zurück.
Gegen diese Allgemeinverfügung können die betroffenen Steuerpflichtigen Klage erheben. Ein Einspruch ist insoweit ausgeschlossen. Die Frist für die Erhebung der Klage beträgt ein Jahr. Sie beginnt am Tag nach der Herausgabe des Bundessteuerblattes, in dem diese Allgemeinverfügung veröffentlicht wird. Die Frist für die Erhebung der Klage gilt als gewahrt, wenn die Klage innerhalb der Frist bei dem zuständigen Finanzamt angebracht oder zu Protokoll gegeben wird.
Für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20%. Eine Steuerermäßigung für die Leistung eines Statikers kann nicht gewährt werden, auch wenn diese für die Durchführung einer begünstigten Handwerkerleistung erforderlich war.
Praxis-Beispiel: Die Kläger hatten einen Handwerksbetrieb mit dem Austausch schadhafter Dachstützen beauftragt. Nach Einschätzung des Handwerksbetriebs war für die fachgerechte Ausführung dieser Arbeiten zunächst eine statische Berechnung erforderlich, die sodann auch von einem Statiker durchgeführt wurde. Neben der Steuerermäßigung für die Handwerkerleistung (Dachstützenaustausch) beantragten die Kläger die Steuerermäßigung auch für die Leistung des Statikers. Das Finanzamt lehnte eine Steuerermäßigung für die Leistung des Statikers ab.
Die Steuerermäßigung kann nach dem Urteil des BFH nicht gewährt werden, da ein Statiker grundsätzlich nicht handwerklich tätig ist. Er erbringt ausschließlich Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken. Die Steuerermäßigung kann nicht darauf gestützt werden, dass die statischen Berechnungen für die Durchführung der Handwerkerleistungen erforderlich waren. Denn die Leistungen des Handwerkers und diejenige des Statikers sind für die Gewährung der Steuerermäßigung getrennt zu betrachten. Allein die sachliche Verzahnung beider Gewerke führt nicht zu einer Umqualifizierung der statischen Berechnung in eine Handwerksleistung.
Das BVerfG hat die Verzinsung von Steuernachzahlungen und Steuererstattungen dem Grunde nach als verfassungsgemäß bestätigt. Es beanstandete jedoch, dass der Gesetzgeber es zumindest seit 2014 versäumt hat, den festen Zinssatz von 0,5% je vollem Zinsmonat (= 6% pro Jahr) anzupassen. Dieser Zinssatz darf zwar für Verzinsungszeiträume bis 31.12.2018 weiterhin angewandt werden.
Allerdings darf der Zinssatz von 0,5% je vollem Zinsmonat (= 6% pro Jahr) ab dem 1.1.2019 nicht mehr angewendet werden. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen diese Normen insoweit nicht mehr anwenden. Laufende Verfahren waren und sind auszusetzen (= Anwendungsverbot für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019). Der Gesetzgeber muss bis Ende Juli 2022 für alle offenen Fälle eine rückwirkende verfassungsgemäße Neuregelung des Zinssatzes für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen für Verzinsungszeiträume ab 1.1.2019 treffen.
Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf wird der Zinssatz für Verzinsungszeiträume ab dem 1.1.2019 rückwirkend auf 0,15% pro Monat (= 1,8% pro Jahr) gesenkt und damit an die verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst. Künftig wird die Angemessenheit dieses Zinssatzes alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume überprüft, erstmals zum 1.1.2026. Dabei ist die Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB zu berücksichtigen.
Die Praxis hat gezeigt, dass die bislang einjährige Festsetzungsfrist für Zinsen (Verjährungsfrist) nicht immer ausreicht. In Anlehnung an die Ablaufhemmungen der Festsetzungsfrist für Steuern wird diese Frist deshalb auf zwei Jahre verlängert. Die Neuregelung gilt in allen Fällen, in denen die Festsetzungsfrist am Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes noch nicht abgelaufen ist (Artikel 97 § 15 Absatz 15 EGAO). Die Neuregelungen sind grundsätzlich in allen am Tag nach der Verkündung des Änderungsgesetzes anhängigen Verfahren anzuwenden (Artikel 97 § 15 Absatz 14 Satz 1 EGAO). Bei der Festsetzung von Erstattungszinsen in Änderungsfällen (§ 233a Absatz 5 Satz 3 Halbsatz 2 AO) ist für die Minderung von Nachzahlungszinsen der Zinssatz maßgeblich, der bei der ursprünglichen Festsetzung der Nachzahlungszinsen zugrunde gelegt wurde (Artikel 97 § 15 Absatz 14 Satz 2 EGAO).
Beachten Sie die kommenden Steuertermine für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldung, der zusammenfassenden Meldung, der Lohnsteuer-Anmeldung sowie der Einkommen- und Gewerbesteuer-Vorauszahlung.
Hinweis: Die Abgabetermine entsprechen den Zahlungsterminen.
Für den Monat Februar 2022:
Art der Abgabe
Abgabe- und Fälligkeitstermin
Umsatzsteuer-Voranmeldung
monatliche Abgabe
Abgabe mit Dauerfristverlängerung
10.03.2022 11.04.2022
Zusammenfassende Meldung
25.03.2022
Sozialversicherung
29.03.2022
Lohnsteuer-Anmeldung
10.03.2022
Für den Monat März 2022:
Art der Abgabe
Abgabe- und Fälligkeitstermin
Umsatzsteuer-Voranmeldung
monatliche Abgabe
Abgabe mit Dauerfristverlängerung
11.04.2022 10.05.2022
Zusammenfassende Meldung
25.04.2022
Sozialversicherung
27.04.2022
Lohnsteuer-Anmeldung
11.04.2022
Einkommensteuer-Vorauszahlung Q1 2022
10.03.2022
Die Zahlung ist fristgerecht, wenn
bei einer Überweisung der Betrag spätestens am Abgabetermin auf dem Konto des Finanzamts eingegangen ist (keine Säumniszuschläge bei Überweisung, wenn der Betrag innerhalb von 3 Tagen nach dem Termin auf dem Konto des Finanzamts eingeht = Zahlungsschonfrist; Zahlung innerhalb der Schonfrist ist dennoch eine unpünktliche Zahlung),
bei Zahlung mit Scheck gilt die Zahlung erst 3 Tage nach Scheckeinreichung als bewirkt, auch wenn der Betrag früher beim Finanzamt gutgeschrieben wird,
dem Finanzamt eine Einzugsermächtigung erteilt wurde; die Zahlung gilt immer als pünktlich, auch wenn das Finanzamt später abbucht.
Ein Unternehmer, der Sportbekleidung mit Werbeaufdrucken für sein Unternehmen anschafft und Sportvereinen unentgeltlich zur Verfügung stellt, kann die Vorsteuerbeträge aus den Anschaffungskosten steuermindernd geltend machen.
Praxis-Beispiel: Der Kläger betrieb eine Fahrschule. Er hatte Sportbekleidung mit dem Werbeaufdruck „Fahrschule X“ erworben und die Trikots verschiedenen Vereinen in der Region rund um seine Fahrschule unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Es handelte sich vor allem um Jugendmannschaften in unterschiedlichen Sportarten. Nach einer Außenprüfung wurden die entsprechenden Aufwendungen vom Finanzamt nicht steuermindernd berücksichtigt. Zur Begründung führte es an, dass die Spiele der fraglichen Mannschaften vor allem solche im Jugendbereich beträfen, die kaum Publikum anziehen würden. Es sei deshalb davon auszugehen, dass die Aufdrucke keine nennenswerte Werbewirkung erzielen würden. Das Überlassen der Sportbekleidung sei deshalb dem ideellen Bereich zuzuordnen, die Vorsteuer also nicht abziehbar.
Das Finanzgericht gab dem Kläger Recht. Richtig sei zwar, dass die Jugendmannschaften in aller Regel nicht vor Publikum spielen. Bei deren Spielen seien vorwiegend Betreuer und ggfs. einige Eltern mit anwesend. Darauf komme es jedoch nicht an, denn die jugendlichen Sportler seien zumeist im Alter von 15 bis 20 Jahren und demgemäß gerade die Zielgruppe, die der Kläger mit seiner Fahrschule ansprechen möchte. Erfahrungsgemäß nähmen junge Leute im Alter ab 16 oder 17 Jahren zumeist die Möglichkeit zum Erwerb einer Fahrerlaubnis in Anspruch.
Die Verwendung der Trikots mit dem Werbeaufdruck stellt deshalb eine Dienstleistung der Vereine dar und damit eine Gegenleistung für die Überlassung der Sportbekleidung. Ob die Vereine eine Versteuerung dieser Leistungen vorgenommen haben, ist für den Vorsteuerabzug des leistenden Unternehmers unerheblich.
Das Finanzgericht als Tatsacheninstanz hat zu entscheiden, welche Schätzungsmethode geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Das Finanzgericht hat darzulegen, dass und wie es seine Überzeugung in rechtlich zulässiger und einwandfreier Weise gewonnen hat.
Praxis-Beispiel: Bei einem Gastronomiebetrieb (GbR) wurden im Rahmen einer Betriebsprüfung Zuschätzungen vorgenommen. Die GbR wandte sich gegen die Höhe der vom Finanzamt vorgenommenen Hinzuschätzungen. Sie beantragte, die Gewinnfeststellungsbescheide so zu ändern, dass lediglich ein zusätzlicher Erlös von netto 100.000 € und Wareneinkauf von 20.000 € je Kalenderjahr als Hinzuschätzungsbetrag in Ansatz gebracht wird, weil die vom Finanzamt angewendete Schätzungsmethode nicht sachgerecht sei. Das Finanzamt habe sich auf zwei Z-Bons aus dem Jahr 2012 gestützt, die nicht von der Außenprüfung erfasst waren. Bei der Schätzung, die über den höchsten Sätzen der Richtsatzsammlung lag, wurde keine der gebräuchlichen Schätzungsmethoden angewendet. Lediglich zwei Z-Bons könnten eine repräsentative Nachvollziehbarkeit von Umsätzen für einen Prüfungszeitraum, welcher insgesamt 3.515 Werktage umfasse, nicht gewährleisten. Die beiden Z-Bons seien daher kein geeignetes Beweismittel und keine Grundlage für eine sachgerechte Schätzung für den gesamten Prüfungszeitraum.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen die gewonnenen Schätzungsergebnisse schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein. Es sind alle möglichen Anhaltspunkte, wie z. B. das Vorbringen des Steuerpflichtigen oder eine an sich fehlerhafte Buchführung, zu beachten. Es sind alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um im Rahmen des Zumutbaren die Besteuerungsgrundlagen wenigstens teilweise zu ermitteln. Der BFH hat wiederholt den Grundsatz bestätigt, dass das Finanzamt in der Wahl seiner Schätzungsmethoden frei ist. Es ist Sache der Tatsacheninstanz zu entscheiden, welcher Schätzungsmethode sie sich bedienen will, wenn diese geeignet ist, ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis zu erzielen. Deshalb ist es aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass bezüglich der Hinzuschätzung der Erlös als Schätzungsmethode einen internen Betriebsvergleich unter Anknüpfung an die bei der GbR aufgefundenen Z-Bons gewählt wurde.
Die Schätzungsmethode des internen Betriebsvergleichs muss allerdings im Einzelfall gewährleisten, dass bei der Schätzung ein vernünftiges und der Wirklichkeit entsprechendes Ergebnis erzielt wird. Das gewonnene Schätzungsergebnis ist nur dann schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig, wenn feststehende Tatsachen berücksichtigt werden. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts verfügte die GbR über 50 Sitzplätze und einen nur im Sommer geöffneten Außenbereich. Die bei der GbR gefundenen Z-Bons für Samstag, den 25.08.2012, und für Montag, den 27.08.2012, betreffen beide den August, also einen typischen Sommermonat. Aufgrund der Feststellungen des Finanzgerichts muss deshalb davon ausgegangen werden, dass die Belege eine Zeit betreffen, in denen auch der Außenbereich der Gaststätte der GbR geöffnet war. Das Finanzamt hat hingegen ausdrücklich ausgeführt, den Außenbereich bei seiner Berechnung der Nettoumsätze nicht berücksichtigt zu haben. Das Finanzgericht hat keine Feststellungen zur Auslastung des Außenbereichs und dessen Gewichtung im Verhältnis zum Innenbereich im August 2012 getroffen. Erfahrungsgemäß weist die Außengastronomie in einem Sommermonat regelmäßig eine hohe Auslastung auf. Das Finanzgericht wird daher eine weitere Überprüfung vornehmen müssen.
Die Befugnis des Finanzamts zur Schätzung wird nicht bestritten. Allerdings hätte das Finanzgericht hinsichtlich der Schätzung des Wareneinsatzes und des Ansatzes der Rohgewinnaufschlagsätze, die über den höchsten Sätzen der Richtsatzsammlung lagen, auf ihre Berechtigung hin prüfen müssen. Es bedarf noch einer näheren Würdigung des Finanzgerichts, inwieweit die GbR in gravierender Weise gegen die Grundsätze ordnungsgemäßer Buch- und Kassenführung verstoßen habe. Formelle Buchführungsmängel berechtigen nach ständiger Rechtsprechung nur insoweit zur Schätzung, als sie Anlass geben, die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Das Finanzgericht hat die Schätzung des Finanzamts daher hinsichtlich der erzielten Erlöse zu Unrecht als in sich schlüssig und deshalb rechtmäßig beurteilt.