Das BMF hat eine Übersicht über den gegenwärtigen Stand der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) und anderer Abkommen im Steuerbereich sowie der Verhandlungen zu den Abkommen am 1.1.2022 bekannt gegeben. Die Übersicht zeigt, dass verschiedene der angeführten Abkommen nach ihrem Inkrafttreten rückwirkend anzuwenden sind. Wenn ungewiss ist, wann ein unterzeichnetes Abkommen in Kraft treten wird, sind Steuerfestsetzungen, die sich zugunsten des Steuerschuldners auswirken, vorläufig durchzuführen. Umfang und Grund der Vorläufigkeit sind im Bescheid anzugeben. Bei der Frage, ob der Inhalt eines unterzeichneten Abkommens bereits berücksichtigt werden soll, stimmen sich das BMF und die Länder ab.
Am 24.11.2016 wurde ein Übereinkommen zur „Umsetzung steuerabkommensbezogener Maßnahmen zur Verhinderung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung“ getroffen, das von den beteiligten Staaten am 7.6.2017 unterzeichnet wurde. Danach sollen die entsprechenden Steuerabkommen von den jeweiligen Vertragsstaaten modifiziert werden. Von deutscher Seite wurden die Steuerabkommen mit den folgenden Staaten für eine Modifikation benannt: Frankreich, Griechenland, Italien, Japan, Kroatien, Luxemburg, Malta, Österreich, Rumänien, Slowakei, Spanien, Tschechien, Türkei und Ungarn. Das Abkommen wurde nach Zustimmung der deutschen gesetzgebenden Körperschaften im Dezember 2020 ratifiziert und trat für die Bundesrepublik Deutschland am 1.4. 2021 in Kraft (BGBl. 2020 II S. 946).
Unabhängig davon wollen die G7-Finanzminister das globale Steuersystem überarbeiten, indem eine globale Mindeststeuer festgesetzt wird. Derzeit gibt es kein globales Steuersystem, weil die Steuersysteme der einzelnen Länder unterschiedlich strukturiert sind. Aufgrund der Globalisierung und Digitalisierung entsprechen die bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen nicht mehr der veränderten Situation. Es müssen also zwischenstaatliche Regelungen gefunden werden, die global gelten, was bei zum Teil gegensätzlichen Interessen nicht einfach sein wird.
Die Globalisierung hat den Unternehmen viele Vorteile gebracht, aber gleichzeitig den großen multinationalen Unternehmen die Möglichkeit geboten, ihre Gewinne nicht in den Ländern zu versteuern, in denen sie die Gewinne realisiert haben, sondern in den Ländern, die niedrige Steuersätze haben. Die kombinierte Wirkung der Globalisierung und Digitalisierung der Volkswirtschaften hat somit zu Verzerrungen und Ungleichheiten geführt, die nur durch eine multilateral vereinbarte Lösung wirksam angegangen werden können. Im Rahmen der OECD haben sich mittlerweile 137 Staaten (Stand: 28. Dezember 2021) auf eine faire Aufteilung von Besteuerungsrechten und eine globale effektive Mindestbesteuerung mit einem einheitlichen Steuersatz von 15% geeinigt. Unser Finanzminister beabsichtigt eine gesetzliche Regelung bereits ab 2023 umzusetzen. Da die neuen Maßnahmen in die bisher vereinbarten Doppelbesteuerungsabkommen eingreifen werden, können diese allerdings nur dann greifen, wenn sie international umgesetzt werden. Das wird voraussichtlich doch mehr als ein Jahr brauchen.
Erbringt der Arbeitgeber steuerfreie Leistungen zur vorschulischen Kinderbetreuung ist der Sonderausgabenabzug in Höhe dieser Leistungen zu kürzen. Der Abzug von Sonderausgaben setzt Aufwendungen voraus, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet wird.
Praxis-Beispiel: Die Eheleute zahlten für die Betreuung ihrer noch nicht schulpflichtigen Tochter einen Kindergartenbeitrag von 4.265,14 €. In derselben Höhe erhielt der Ehemann von seinem Arbeitgeber einen steuerfreien Kindergartenzuschuss. Die Eheleute machten in ihrer Einkommensteuererklärung den Betrag von 4.265,14 € in voller Höhe als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt lehnte den Sonderausgaben wegen des steuerfreien Arbeitgeberzuschusses ab.
Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines Kindes, das zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört und das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, sind zu 2/3, höchstens bis 4.000 € je Kind, als Sonderausgaben abziehbar. Der Begriff "Aufwendungen" setzt voraus, dass nur solche Ausgaben als Sonderausgaben berücksichtigt werden dürfen, durch die der Steuerpflichtige tatsächlich und endgültig wirtschaftlich belastet ist. Im vorliegenden Fall führten die steuerfreien Leistungen des Arbeitgebers dazu, dass die Kläger durch die Aufwendungen für die Kinderbetreuung wirtschaftlich nicht belastet wurden, sodass der Abzug der Kindergartenbeiträge als Sonderausgaben ausscheidet.
Es macht wirtschaftlich keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber die Beiträge an die Betreuungseinrichtung zahlt, ob er dem Arbeitnehmer die Beiträge ersetzt oder ob er ihm vor der Leistung zweckgebundene steuerfreie Leistungen gewährt. In allen drei Fällen ist das wirtschaftliche Ergebnis dasselbe. Der Steuerpflichtige wird durch die Beiträge nicht belastet, soweit der Arbeitgeber hierfür einen zweckgebundenen Zuschuss gewährt.
Durch das Corona-Steuerhilfegesetz vom 19.6.2020 wurde geregelt, dass bei Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme der Getränke) in der Zeit vom 1.7.2020 bis zum 30.6.2021 der ermäßigte Streuersatz anzuwenden ist. Diese Regelung wurde durch das „Dritte Corona-Steuerhilfegesetz“ vom 10.3.2021 über den 30.6.2021 hinaus befristet bis zum 31.12.2022 verlängert. Das wirkt sich auf die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) aus.
Das BMF hat jetzt die Pauschbeträge für Sachentnahmen für das Jahr 2022 bekanntgegeben. Für Kinder bis zum vollendeten 2. Lebensjahr entfällt der Ansatz eines Pauschbetrages. Für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr ist die Hälfte des jeweiligen Wertes anzusetzen.
Gewerbezweig
Wert für eine Person ohne Umsatzsteuer 1. Januar bis 31. Dezember 2022
ermäßigter Steuersatz
voller Steuersatz
insgesamt
Bäckerei
1.394 €
268 €
1.662 €
Fleischerei
1.240 €
537 €
1.777 €
Gast- und Speisewirtschaft a. mit Abgabe von kalten Speisen b. mit Abgabe von kalten und warmen Speisen
1.521 € 2.646 €
588 € 755 €
2.109 € 3.401 €
Getränkeeinzelhandel
103 €
294 €
397 €
Café und Konditorei
1.342 €
550 €
1.892 €
Milch, Milcherzeugnisse, Fettwaren und Eier (Einzelhandel)
601 €
90 €
691 €
Nahrungs- und Genussmittel, Einzelhandel
1.163 €
588 €
1.751 €
Obst, Gemüse, Südfrüchte und Kartoffeln (Einzelhandel)
320 €
218 €
538 €
Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben werden auf der Grundlage der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Aufwendungen privater Haushalte für Nahrungsmittel und Getränke festgesetzt. Sie beruhen auf Erfahrungswerten und bieten dem Steuerpflichtigen die Möglichkeit, die Warenentnahmen monatlich pauschal zu verbuchen. Sie entbinden ihn damit von der Aufzeichnung einer Vielzahl von Einzelentnahmen. Diese Regelung dient der Vereinfachung und lässt keine Zu- und Abschläge zur Anpassung an die individuellen Verhältnisse zu.
Werden die Bareinnahmen mithilfe eines elektronischen Kassensystems ermittelt, dann sind die Regelungen des Gesetzes zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016 (BGBl. Teil I S. 3152) zu beachten. So ist in § 146a AO geregelt, dass
für aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder
für andere Vorgänge, die mithilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst werden,
ein elektronisches Aufzeichnungssystem zu verwenden ist,
das jeden aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfall und jeden anderen Vorgang einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet aufzeichnet.
Die elektronischen Aufzeichnungssysteme und Aufzeichnungen müssen durch eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung geschützt sein. Diese zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung muss aus
einem Sicherheitsmodul,
einem Speichermedium und
einer digitalen Schnittstelle
bestehen. Die digitalen Aufzeichnungen sind auf einem Speichermedium zu sichern sowie für eine Kassennachschau und Außenprüfungen verfügbar zu halten. Das BMF hat von seiner Ermächtigung Gebrauch gemacht, die elektronischen Aufzeichnungssysteme zu bestimmen, die über eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung verfügen müssen, und welche Anforderungen diese zu erfüllen haben. Nach § 2 KassenSichV muss für jeden Geschäftsvorfall oder jeden anderen Vorgang eine neue Transaktion gestartet werden. Die Transaktion hat Folgendes zu enthalten:
den Zeitpunkt des Vorgangsbeginns,
eine eindeutige und fortlaufende Transaktionsnummer,
die Art des Vorgangs,
die Zahlungsart,
den Zeitpunkt der Vorgangsbeendigung oder des Vorgangsabbruchs,
einen Prüfwert sowie
die Seriennummer des elektronischen Aufzeichnungssystems oder die Seriennummer des Sicherheitsmoduls.
Letzte Frist! Nach Art 97 § 30 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (EGAO) dürfen Registrierkassen, die nach dem 25.11.2010 und vor dem 1.1.2020 angeschafft wurden und die den Anforderungen des BMF-Schreibens vom 26.11.2010 (BStBl. I S. 1342) entsprechen noch bis zum 31.12.2022 weiterverwendet werden, wenn sie bauartbedingt nicht aufrüstbar sind. Kann also eine elektronische Kasse bauartbedingt nicht mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung nachgerüstet werden, darf sie nur noch bis zum 31.12.2022 verwendet werden.
Handlungsempfehlung: Mittlerweile hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) für hardwarebasierte TSE-Lösungen mehreren Anbietern die notwendigen Zertifikate erteilt, so dass neue Kassensysteme am Markt verfügbar sind. Daher sollten Unternehmer die Zeit nutzen, frühzeitig eine elektronische Kasse mit der passenden Sicherheitseinrichtung auszuwählen.
Die Variable F ist ein vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) vorgegebener Faktor (siehe auch § 163 Abs. 10 S. 5 SGB VI).
Die Obergrenze für Midijobs beträgt 1.300 €. Für die Berechnung des Beitrags in der Übergangszone (früher: Gleitzone) wird ein reduzierter Arbeitslohn zugrunde gelegt, der nicht dem tatsächlichen Arbeitsentgelt entspricht. Die Beitragsverteilung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer erfolgt in 3 Schritten.
Der Gesamtbeitrag wird auf Basis des reduzierten beitragspflichtigen Entgelts ermittelt.
Der Beitragsanteil des Arbeitgebers richtet sich nach dem tatsächlichen Arbeitsentgelt.
Der Arbeitnehmeranteil ergibt sich, wenn der Arbeitgeberanteil vom Gesamtbeitrag abgezogen wird.
Die Einstufung als Midijobber ist abhängig vom durchschnittlichen monatlichen Arbeitsentgelt. Maßgebend ist zunächst die Situation zu Beginn der Beschäftigung. Außerdem ist jede dauerhafte Änderung der Verhältnisse zu berücksichtigen, die für die nächsten 12 Monate mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist. Laufende und einmalige Einnahmen sind zu addieren und durch 12 zu teilen. Dieser Wert muss über 450 € liegen und darf den Betrag von 1.300 € nicht überschreiten.
Das beitragspflichtige Arbeitsentgelt für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag ist nach der nachfolgenden Formel zu ermitteln. Für die Jahr 2021 und 2022 ist der Faktor F 0,7509 maßgebend.
Die Formel lautet wie folgt: Unter Anwendung des Faktors F von 0,7509 lautet die gekürzte Formel für den Übergangsbereich, die 2021 und auch 2022 anzuwenden ist, wie folgt: 1,13187648 × AE - 171,439416
Praxis-Beispiel: Bei einem tatsächlichen Arbeitsentgelt von 1.000 € berechnet der Arbeitgeber die niedrigere Bemessungsgrundlage mit der verkürzten Formel wie folgt: 1,13187648 × 1.000 - 171,439416 = 960,43 €. Das bedeutet, dass bei einem Arbeitslohn von 1.000 € das beitragspflichtige Entgelt für den Arbeitnehmer 960,43 € beträgt.
Hinweis: Neben dem Midijob kann problemlos ein Minijob ausgeübt werden.
Kosten einer Leihmutterschaft sind nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
Praxis-Beispiel: Zwei miteinander verheiratete Männer (Kläger) machten in ihrer Einkommensteuererklärung Aufwendungen in Höhe von insgesamt 12.942,84 € als außergewöhnliche Belastungen im Zusammenhang mit einer Leihmutterschaft geltend. Das Leihmutterschaftsverhältnis wurde in den USA (Kalifornien) begründet. Die Leihmutter war eine dort lebende Frau, die bereits zwei eigene Kinder hatte. Die Schwangerschaft der Leihmutter wurde durch eine künstliche Befruchtung herbeigeführt. Die Samenzellen stammten von einem der Kläger. Aufgrund der künstlichen Befruchtung trug die Leihmutter ein Kind aus, welches seitdem bei den Klägern als Eltern in Deutschland lebt. Das Finanzamt lehnte es ab, die Aufwendungen im Zusammenhang mit der Leihmutterschaft als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen, weil die Behandlung einer Leihmutterschaft nach dem Embryonenschutzgesetz in Deutschland verboten ist.
Die Kläger machten geltend, dass eine Krankheit im Sinne der BFH-Rechtsprechung vorliege. Die maßgebende Erkrankung sei die ungewollte Kinderlosigkeit der Kläger, die sich aus der biologischen Sachgesetzlichkeit der männlich gleichgeschlechtlichen Beziehung ergebe. Die ungewollte Kinderlosigkeit sei als Krankheit anerkannt. Zum Krankheitscharakter der ungewollten Kinderlosigkeit gehöre in allen Fällen gleichermaßen, dass sie für die Betroffenen stets den Verlust eines Lebensplanes und eines erwünschten Lebensziels darstelle.
Krankheitskosten, die dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen, sind als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen. Es wird jedoch nicht danach unterschieden, ob ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder medizinisch erforderliche Hilfsmittel der Heilung dienen oder lediglich einen körperlichen Mangel ausgleichen sollen. Deshalb werden regelmäßig auch Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, obwohl der körperliche Mangel durch die betreffende Maßnahme nicht behoben, sondern nur umgangen oder kompensiert wird.
Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung, die aufgrund der Empfängnisunfähigkeit einer Frau oder der Zeugungsunfähigkeit eines Mannes vorgenommen wird, werden als Krankheitskosten und damit als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Das gilt unabhängig vom Familienstand. Erforderlich ist, dass die künstliche Befruchtung in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht sowie mit den Richtlinien der Berufsordnungen für Ärzte vorgenommen wird.
Aufwendungen für eine „künstliche Befruchtung“ können nicht in gleicher Weise bei der Kinderlosigkeit einer ehelichen Lebensgemeinschaft zweier Männer als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden. Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung ist nach der Rechtsprechung des BFH, dass die Behandlung in Übereinstimmung mit dem innerstaatlichen Recht vorgenommen wird. Eine nach nationalem Recht verbotene Behandlung kann somit keinen zwangsläufigen Aufwand begründen. Vielmehr ist von den Steuerpflichtigen zu erwarten, dass sie gesetzliche Verbote beachten. Aufwendungen für verbotene Behandlungsmaßnahmen sind selbst dann nicht zwangsläufig, wenn sie nicht straf- oder bußgeldbewehrt sind oder wegen eines Strafausschließungsgrundes nicht geahndet werden. Die Kosten einer Leihmutterschaft sind daher nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar.
Das Finanzgericht hat die Revision zugelassen, weil die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung ist. Ob tatsächlich Revision eingelegt wurde, ist zurzeit nicht erkennbar.