Das Bundeskabinett hat mit der Verordnung über die Bezugsdauer und Verlängerung der Erleichterungen der Kurzarbeit (Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung) die bisherigen Erleichterungen und Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld um drei Monate bis zum 31.3.2022 verlängert. Bis zum 31.12.2021 werden den Arbeitgebern die Beiträge zur Sozialversicherung noch zu 100% erstattet. Ab Januar 2022 werden nur noch 50% von der Bundesagentur für Arbeit übernommen. Die anderen 50% können Arbeitgeber für Beschäftigte erhalten, die während der Kurzarbeit eine Weiterbildung besuchen.
Die gesetzlichen Regelungen sehen somit folgende Maßnahmen vor, um Betriebe und Arbeitnehmer während der Corona-Krise zu unterstützen:
Wenn aufgrund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen Aufträge ausbleiben, kann ein Betrieb Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens 10% der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein könnten. Dies gilt nur, wenn die Kurzarbeit bis 30.3.2022 angemeldet wird. Danach gilt wieder die normale Schwelle, die vor der Pandemie bei 30% der Belegschaft lag.
Die Laufzeit des Kurzarbeitergelds wird auf maximal 24 Monate verlängert.
Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergelds wird vollständig oder teilweise verzichtet.
Auch Leiharbeitnehmer können Kurzarbeitergeld beziehen.
Wenn die Nebentätigkeit schon vor Beginn der Kurzarbeit durchgeführt wurde, werden die Einkünfte hieraus nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Wird die Nebentätigkeit während des Bezugs von Kurzarbeitergeld aufgenommen, wird das daraus erzielte Entgelt grundsätzlich auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Vom 1.1.2021 bis 31.3.2022 wird nur noch das Entgelt aus einer geringfügig entlohnten Beschäftigung (Minijob bis 450 €) nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet, auch wenn sie während der Kurzarbeit aufgenommen wurde.
Die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber normalerweise für ihre Beschäftigten zahlen müssen, erstattet die Bundesagentur für Arbeit nun bis 31.12.2021 vollständig. Ab Januar 2022 werden den Arbeitgebern die Beiträge zur Sozialversicherung zu 50% erstattet. Die anderen 50% können ihnen für Weiterbildungen ihrer Beschäftigten erstattet werden, die während der Kurzarbeit beginnen.
Das Kurzarbeitergeld für Beschäftigte, deren Arbeitszeit um mindestens 50% reduziert ist, steigt ab dem vierten Monat auf 70% (77% mit Kindern) und ab dem siebten Monat auf 80% (87% mit Kindern) des Nettolohns. Dies gilt bis 31.3.2022. Der Anspruch auf die erhöhten Leistungssätze gilt für die Zeit von Januar bis März 2022 auch für Arbeitnehmer, die seit April 2021 erstmals in Kurzarbeit gehen mussten. Vor der Pandemie lag das Kurzarbeitergeld ausschließlich bei 60% des letzten Nettolohns oder 67% für Beschäftigte mit Kindern.
Arbeitgeber müssen die Details des Kurzarbeitergelds mit der Agentur für Arbeit klären.
Es liegt ein Minijob vor, wenn der regelmäßige Arbeitslohn im Monat nicht mehr als 450 € beträgt. Die Dauer der täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit spielt grundsätzlich keine Rolle. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Mindestlohn nicht unterschritten werden darf. Der Mindestlohn beträgt vom 1.1.2022 bis 30.6.2022 pro Stunde 9,82 € und vom 1.7.2022 bis 31.12.2022 pro Stunde 10,45 €.
Bei einer Arbeitszeit von 46 Stunden im Monat ergibt sich bei einem Stundenlohn von 9,82 € ein monatlicher Arbeitslohn von (45 × 9,82 € =) 441,90 €. Bis zum 30.6.2022 sollten also maximal 45 Stunden im Monat vereinbart werden.
Bei 43 Stunden im Monat ergibt sich bei einem Stundenlohn von 10,45 € ein monatlicher Arbeitslohn von (43 × 10,45 € =) 449,35 €. Vom 1.7. bis zum 31.12.2022 sollten also maximal 43 Stunden im Monat vereinbart werden.
Es fallen folgende Abgaben an, die der Arbeitgeber zusätzlich zu tragen hat:
Pauschalbeiträge zur Rentenversicherung
15,00%
Pauschalbeiträge zur Krankenversicherung (KV)
13,00%
Pauschale Lohnsteuer
2,00%
Umlage 1 (U1) bei Krankheit
1,00%
Umlage 2 (U2) für Schwangerschaft/Mutterschaft
0,39%
Insolvenzgeldumlage
0,09%
Die monatliche Mindestbeitragsbemessungsgrundlage beträgt 175 €. Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung sind individuell an den zuständigen Unfallversicherungsträger zu leisten. Der Minijobber ist grundsätzlich rentenversicherungspflichtig, sodass er die verbleiben 3,6% bis zum vollen Beitragssatz selbst übernehmen muss. Der Minijobber kann sich jedoch von der Versicherungspflicht befreien lassen (Opt-out). Bei einer Befreiung von der Versicherungspflicht zahlt der Arbeitgeber nur den Pauschalbeitrag zur Rentenversicherung. Minijobber, die nicht anderweitig der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung unterliegen, verlieren dadurch die Ansprüche auf einen Großteil der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung.
Pauschale Krankenversicherung mit 13% Die Zahlung der pauschalen Krankenversicherung bringt dem Minijobber keine Vorteile, weil er dadurch keinen Versicherungsschutz erhält. Wer einen Minijob ausübt, muss - wenn er nicht in der Familienversicherung mitversichert ist - zusätzlich eine Krankenversicherung abschließen. Beschäftigt der Unternehmer einen Minijobber, der nicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung, sondern privat versichert ist, braucht er für die Krankenversicherung keinen pauschalen Beitrag von 13% zu zahlen. Die Mitversicherung in der Familienversicherung setzt allerdings eine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung voraus. Der Unternehmer muss die pauschalen 13% für den Mitversicherten also immer zahlen, wenn ein Ehegatte über den anderen Ehegatten in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist.
Pauschale Lohnsteuer: 2% oder 20% oder individuell Die Abrechnung der Lohnsteuer erfolgt gem. § 40 a EStG in den folgenden Varianten:
2% pauschale Lohnsteuer, wenn die Rentenversicherung pauschal mit 15% berechnet wird,
20% pauschale Lohnsteuer, wenn keine pauschalen Rentenversicherungsbeiträge gezahlt werden oder
nach den individuellen Besteuerungsmerkmalen des Arbeitnehmers.
Die 2%ige pauschale Lohnsteuer setzt voraus, dass die Rentenversicherungsbeiträge pauschal mit 15% zu berechnen sind. Ohne pauschale Rentenversicherungsbeiträge kann die Lohnsteuer mit 20% vom Arbeitsentgelt berechnet werden. Zusätzlich fallen dann noch der Solidaritätszuschlag (5,5% der pauschalen Lohnsteuer) und die Kirchensteuer an. Der Solidaritätszuschlag wird als Ergänzungsabgabe auch zur pauschalen Lohnsteuer erhoben. Es besteht auch die Möglichkeit, die Lohnsteuer nach den individuellen Besteuerungsmerkmalen des Arbeitnehmers abzurechnen.
Hinweis: Es ist geplant, den Mindestlohn auf 12 € pro Stunde anzuheben. Gleichzeitig soll auch der derzeitige Grenzwert von 450 € im Monat erhöht werden.
Eine einheitliche Erstausbildung ist nicht mehr anzunehmen, wenn die von dem Kind aufgenommene Erwerbstätigkeit bei einer Gesamtwürdigung der Verhältnisse bereits die hauptsächliche Tätigkeit bildet und sich die weiteren Ausbildungsmaßnahmen als eine auf Weiterbildung und/oder Aufstieg in dem bereits aufgenommenen Berufszweig gerichtete Nebensache darstellen.
Praxis-Beispiel: Der Sohn des Klägers hatte im Juni 2013 eine Berufsausbildung als Bankkaufmann abgeschlossen. Anschließend absolvierte er von Oktober 2013 bis August 2015 eine Ausbildung zum Bankfachwirt und ab Oktober 2015 eine Ausbildung zum Bankbetriebswirt. Die Familienkasse lehnte den Antrag des Vaters vom 27.12.2017 auf Kindergeld ab Juli 2013 ab, weil der Sohn im Juni 2013 bereits eine erste Ausbildung abgeschlossen habe, einer Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgehe und sich erst seit Oktober 2013 in einer Zweitausbildung befinde, die mangels rechtzeitiger Bewerbung oder einer entsprechenden Absichtserklärung mit der Erstausbildung nicht zeitlich zusammenhinge. Der Einspruch und die Klage wurden als unbegründet zurückgewiesen.
Kindergeld wird nur während der Zeit einer Erstausbildung gewährt. Der BFH stellt bei seiner Beurteilung vor allem auf folgende Punkte ab:
Es muss sich um einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang handeln, der auf einen Abschluss ausgerichtet ist und in Form einer Prüfung abgeschlossen wird.
Die berufliche Ausbildungsmaßnahme muss die notwendigen fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln, die zur Aufnahme eines Berufs befähigen, wodurch insbesondere eine Abgrenzung gegenüber dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule erfolgen soll.
Liegen mehrere Ausbildungsabschnitte vor, können diese eine einheitliche Erstausbildung darstellen, wenn sie zeitlich und inhaltlich so aufeinander abgestimmt sind, dass die Ausbildung nach Erreichen des ersten Abschlusses fortgesetzt werden soll und das vom Kind angestrebte Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht werden kann.
In einem solchen Fall muss aufgrund objektiver Beweisanzeichen erkennbar sein, dass das Kind die für sein angestrebtes Berufsziel erforderliche Ausbildung nicht bereits mit dem ersten erlangten Abschluss erreicht hat.
Dabei ist darauf abzustellen, ob sich die einzelnen Ausbildungsabschnitte als integrative Teile einer einheitlichen Ausbildung darstellen. Insoweit kommt es vor allem darauf an, ob die Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen Zusammenhang (z. B. in derselben Berufssparte, im selben fachliche Bereich) zueinanderstehen und in einem engen zeitlichen Zusammenhang durchgeführt werden.
An einer Ausbildungseinheit fehlt es dagegen, wenn bereits die Aufnahme des zweiten Ausbildungsabschnitts eine berufspraktische Tätigkeit voraussetzt oder das Kind nach dem Ende des ersten Ausbildungsabschnitts eine Berufstätigkeit aufnimmt, die nicht nur der zeitlichen Überbrückung bis zum nächstmöglichen Beginn des weiteren Ausbildungsabschnitts dient.
Wenn dagegen erst der im zweiten Ausbildungsabschnitt angestrebte Abschluss eine Berufstätigkeit voraussetzt, steht dies der Einheit beider Ausbildungsabschnitte nicht entgegen, wenn dieses Erfordernis z.B. durch eine während des zweiten Ausbildungsabschnitts durchgeführte, aber weniger als 20 Wochenstunden umfassende Arbeitstätigkeit erfüllt werden kann.
Es liegt keine einheitliche Erstausbildung vor, wenn das Kind eine Berufstätigkeit aufnimmt, nachdem es einen öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang erfolgreich beendet hat, und die weiteren Ausbildungsmaßnahmen gegenüber der Berufstätigkeit in den Hintergrund treten. Das Finanzgericht hat aber nicht geprüft, ob das Studium, das der Sohn parallel zu seiner Berufstätigkeit betrieben hat, nicht mehr als Teil einer einheitlichen Erstausbildung, sondern als berufsbegleitende Weiterbildungsmaßnahme durchführt wurde. Das Finanzgericht wird daher im zweiten Rechtsgang der Frage nachzugehen haben, ob das Studium zum Bankfachwirt und zum Bankbetriebswirt dem Beschäftigungsverhältnis oder ob das Beschäftigungsverhältnis dem Studium untergeordnet war.
Unternehmen, die von der Corona-Pandemie stark betroffen sind, können ihre Vorauszahlungen zur Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer in einem vereinfachten Verfahren herabsetzen lassen. Die Finanzverwaltung stellt nunmehr klar, dass bei der Gewerbesteuer entsprechend verfahren werden kann. Hat das Finanzamt Kenntnis von den veränderten Verhältnissen hinsichtlich des Gewerbeertrags, kann es für den laufenden Erhebungszeitraum die Anpassung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen.
Steuerpflichtige, die unmittelbar und in starkem Maße wirtschaftlich betroffen sind, können bis zum 30.6.2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrages für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen 2021 und 2022 stellen. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen sind keine strengen Anforderungen zu erfüllen. Diese Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Setzt das Finanzamt den Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen herab, ist die betreffende Gemeinde bei der Festsetzung ihrer Gewerbesteuer-Vorauszahlungen hieran gebunden.
Anträge auf Stundung oder Erlass von Gewerbesteuerbeträgen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Coronavirus sind an die jeweils zuständige Gemeinde zu richten. Das Finanzamt ist nur dann zuständig, wenn die Festsetzung und Erhebung der Gewerbesteuer nicht den Gemeinden übertragen worden ist.
Durch das Coronavirus entstehen weiterhin beträchtliche wirtschaftliche Schäden. Das BMF hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder entschieden, den Corona-Geschädigten durch eine angemessene Verlängerung der steuerlichen Maßnahmen zur Vermeidung unbilliger Härten entgegenzukommen. Hierbei handelt es sich um folgende Maßnahmen:
Stundungen im vereinfachten Verfahren: Steuerpflichtige, die durch die Corona-Epidemie nachweislich wirtschaftlich negativ betroffen sind, können bis zum 31.1.2022 Anträge auf Stundung der Steuern stellen, die bis zum 31.1.2022 fällig sind. Die Stundungen sind längstens bis zum 31.3.2022 zu gewähren. Im Anschluss können über den 31.3.2022 hinaus Stundungen für die Steuern, die bis zum 31.1.2022 fällig waren, gewährt werden, wenn Ratenzahlungen bis längstens zum 30.6.2022 vereinbart werden. Es sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Die Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Wenn bei einem Unternehmen die Umsätze wegen der Coronavirus-Epidemie deutlich zurückgehen, reicht dies als Grund aus, um die Zahlungsverpflichtungen aus zurückliegenden Zeiten auf die Zukunft zu verschieben. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann verzichtet werden.
Vollstreckungsaufschub: Ist ein Vollstreckungsschuldner durch die Corona-Epidemie nachweislich wirtschaftlich negativ betroffen, soll bis zum 31.1.2022 von Vollstreckungsmaß-nahmen abgesehen werden, soweit es sich um Steuern handelt, die bis zum 31.1.2022 fällig geworden sind. Die im Zeitraum vom 1.1.2021 bis zum 31.3.2022 entstandenen Säumniszuschläge werden grundsätzlich erlassen. Bei Vereinbarung von angemessenen Ratenzahlungen kann der Vollstreckungsaufschub für Steuern, die bis zum 31.1.2022 fällig sind, längstens bis zum 30.6.2022 gewährt werden. Bis dahin entstandene Säumniszuschläge können erlassen werden.
Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2021: Steuerpflichtige, die durch die Corona-Epidemie nachweislich wirtschaftlich negativ betroffen sind, können ihre Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2021 und 2022 bis zum 30.6.2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse anpassen lassen. Es sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Die Anträge sind nicht deshalb abzulehnen, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können.
Stundung, Vollstreckungsaufschub und Anpassung von Vorauszahlungen in anderen Fällen: Für andere Anträge auf (Anschluss-) Stundung oder Vollstreckungsaufschub, sowie bei der Anpassung von Vorauszahlungen gelten die allgemeinen Grundsätze und Nachweispflichten. Dies gilt auch für Ratenzahlungsvereinbarungen über den 30.6.2022 hinaus.
Hinweis: Diese Maßnahmen gelten ergänzend zum BMF-Schreiben vom 18.3.2021, das entsprechend weiterhin anzuwenden ist.
Zu den sonstigen Einkünften gehören auch Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 23 EStG). Ein privates Veräußerungsgeschäft ist ein Veräußerungsgeschäft mit „anderen“ Wirtschaftsgütern, bei dem der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt. Der steuerrechtliche Begriff des Wirtschaftsguts ist weit zu fassen und auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise auszulegen. Er umfasst neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten, deren Erlangung sich der Steuerpflichtige etwas kosten lässt.
Praxis-Beispiel: Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuererklärung 2017 gab er außerdem Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 31.904 € an. Diese stammten aus dem Handel mit Kryptowährungen. Das Finanzamt berücksichtigte diese Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften im Einkommensteuerbescheid 2017.
Dagegen legt der Kläger Einspruch ein. Er machte geltend, dass es sich bei der Kryptowährung nicht um ein Wirtschaftsgut handle, das Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung nach § 23 EStG sein könnte. Kryptowährungen gewährten keinerlei Ansprüche gegen Dritte. Ein wirtschaftlicher Wert werde ihnen im Markt nur zugeschrieben, solange eine von Dritten unterhaltene und weiter entwickelte Software fortbestehe und damit auch die Datenblöcke weiter fortbestünden, in denen die Werteinheiten verzeichnet seien, die dem „Inhaber“ zustehen sollten. Beides hinge von der Entscheidung fremder Dritter ab, mit denen der „Inhaber“ keinerlei vertragliche Beziehung habe.
Virtuelle Währungen basieren auf der Idee einer staatlich nicht kontrollierten Ersatzwährung mit begrenzter Geldmenge. Die Verwaltung und Schöpfung neuer Werteinheiten erfolgt über ein vorbestimmtes mathematisches Verfahren in einem dezentralen Rechnernetz. Eine Zentralbank, die diese Aufgabe bei realen Währungen wahrnimmt, existiert nicht. Durch diese kryptografischen Berechnungen kann prinzipiell jeder Teilnehmer an der „Geldschöpfung” (sogenanntes Mining) teilhaben. Mit virtuellen Währungen können inzwischen zahlreiche Waren, Dienstleistungen etc. erworben werden.
Kryptowährungen stellen zwar kein gesetzliches Zahlungsmittel dar, wurden aber durch die BaFin als Rechnungseinheit im Sinne des § 1 Abs. 11 Satz 1 Nr. 7 KWG qualifiziert und können ggf. als immaterielle Wirtschaftsgüter eingestuft werden. Geht man davon aus, dass diese Rechnungseinheiten mit Devisen vergleichbar sind, können für den Kauf und Verkauf von Kryptowährungen auch dieselben Grundsätze angewendet werden, die für Fremdwährungsgeschäfte maßgeblich sind. Die Anschaffung und Veräußerung von Kryptowährungen stellen somit ein privates Veräußerungsgeschäft dar, sofern der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als 1 Jahr beträgt.
Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Es gibt keine höchstrichterliche Entscheidung zu den im vorliegenden Fall entschiedenen Rechtsfragen.